Karibik März-April 2016

Es war noch stockdunkel als um 06.00 Uhr am 18. März 2016 der Wecker schrillte. Aber wir mussten aufstehen, denn wir wollten uns auf den Weg zu den Bahamas machen. Nach einem ausgiebigen Frühstück und den letzten Vorbereitungen wie belegte Brote machen, alles was herum fliegen könnte verstauen etc. lösten wir nach 5 Wochen Key West und schönstem Wetter um 06.50 Uhr die Leinen unserer Mooring-Boje. Voller Vorfreude was die Bahamas alles zu bieten haben, setzten wir nach knapp 2 Stunden und sehr leichten 10 Knoten Wind die Segel. Vor uns lagen ca. 170 Seemeilen, was einmal mehr eine Nachtfahrt bedeutete. Nach gut 18 Stunden sehr angenehmen Segelns und mitgeschoben werden vom Golfstrom, standen wir vor der Einfahrt zu Bimini, die westlichste Insel der Bahamas. Nun hiess es Segel runter und hinein in die Lagune und an einen Marina-Steg, den wir vor der Abfahrt reserviert hatten. Vor der Einfahrt meldeten wir uns bei der Marina an, dass wir in ein paar Minuten einlaufen würden. Nun gut, es dauerte dann leider ein bisschen länger. Während Heinz am Steuer stand, bereitete Yvonne alles für das anlanden am Steg vor. Leinen bereit machen, Fender platzieren usw. Doch plötzlich rumpelte es unter uns! Ach du Schreck – wir sassen auf! Der Versuch von Heinz mit einem kräftigen Schub vorwärts, machte das Ganze nur noch Schlimmer! Dazu kam, dass die Wellen uns noch mehr auf die Sandbank schob! Schöne Sch… was sollten wir nun tun!? Wir kamen einfach nicht weg! Also funkte Yvonne die Marina an, ob sie jemanden organisieren konnten, der uns rauszog. Der Dockmaster versprach sich darum zu kümmern. In der Zwischenzeit rumpelte es ganz schön unter uns. Bei jeder neuen Welle - badam, badam, badam… und ein Abschleppboot war auch nicht in Aussicht. Wir versuchten immer wieder uns von der Sandbank zu befreien. Nach ca. 30 – 45 Minuten schafften wir es tatsächlich von selbst! Ufff… was für eine Aufregung. Hoffentlich hatten wir nun genug Wasser unter dem Kiel für den weiteren Weg der Einfahrt. Kurz die Marina informiert, dass wir von selbst freigekommen seien, machten wir uns auf den Weg und legten problemlos am Steg an. Na das war ja ein guter Start in den Bahamas!

Nachdem sich unser Adrenalin gesetzt hatte, machten wir uns auf den Weg zum Einklarieren. Nun waren wir offiziell in den Bahamas und durften für die nächsten 40 Tage bleiben. Nach all der Aufregung hatten wir nun Zeit, uns ein bisschen umzusehen. Bimini ist eine hübsche kleine Insel, die ausschliesslich vom Tourismus lebt. Beim Ausblick von unserem Steg konnten wir auch verstehen warum. Glasklares Wasser in den verschiedensten blau-, grün- und türkistönen und wunderschöne Sandstrände, die zum Verweilen einladen.

   

Länger als geplant blieben wir eine ganze Woche dort – auch weil anfangs starke Winde vorhergesagt wurden. Des Weiteren erhofften wir, unsere Freunde Hedwig und Pit von der St. Helena hier zu treffen, die von den Bahamas auf dem Weg nach Fort Lauderdale/Florida waren. Und es hat tatsächlich geklappt! Yvonne schrieb Hedwig eine SMS und der Zufall wollte es, dass sie sich noch ca. 15 Seemeilen von uns  entfernt aufhielten. Ein paar Stunden später kamen sie nach Bimini und wir verbrachten einen tollen Abend zusammen, wo es – nach knapp 1 ½ Jahren - sehr viel zu erzählen gab. Das war ein Spass! Am selben Abend machten sich die zwei bzw. drei auf den Weg nach Fort Lauderdale, wo ihr Mitsegler über Ostern nach Hause flog. Wir hoffen nun, dass wir uns auf Bermuda wieder treffen. Denn auch die St. Helena geht zurück nach Europa. Wir werden sehen.

Die zwei waren weg und wir machten uns Gedanken wie unsere weitere Reise in den Bahamas aussehen soll. Bei der Törnplanung mussten wir dann leider feststellen, dass wir mit unserem Tiefgang von 2.10 Meter nicht überall hinkommen und der Begriff ‚Eine Handbreit Wasser unter dem Kiel‘ eine wörtliche Redewendung sein würde. Nun war eine gründliche Planung unbedingt erforderlich. Nichts desto trotz fanden wir wunderschöne Ankerplätze. Von Bimini aus segelten wir die Inselkette Berry Island entlang runter Richtung New Providence. Kurze tolle Segeltrips und wunderschöne Ankerplätze versüssten unser da sein.

   

Nach etlichen Wochen konnten wir hier endlich wieder baden und schnorcheln. An was wir uns aber wirklich gewöhnen mussten, war erstens die Tide von ca. 1 Meter und die dadurch verursachte Strömung. Üblicherweise ankert man immer in Windrichtung und das Schiff bleibt dann auch so. Aber wenn die Strömung dermassen stark ist, kann es durchaus sein, dass das Schiff eben nicht mehr in Windrichtung steht sondern quer ab. Sehr gewöhnungsbedürftig! Ja und wenn es dann wirklich eine Strömung von über 2 Knoten hat, ist es auch nicht ganz einfach, an einem Steg fest zu machen. So passierte es uns, dass wir in Nassau bei der wahrscheinlich stärksten Strömung eintrafen. Unser Speedo zeigte wohl 1 Knoten Fahrt an, aber über Grund rasten wir mit über 3 Knoten auf den Pier zu! Uahhh.. kurz den Rückwärtsgang eingelegt, knallten wir seitwärts an den Pier und kamen da fast nicht mehr weg! Wow, was für ein Anlegemanöver! Bei dem Gedanken, dass wir hier irgendwann wieder weg mussten, wurde uns flau im Magen! Die nächsten Tage mussten wir dann feststellen, dass alle dieselben Probleme beim Anlegen hatten. Auch die Mega-Yachten.

Nassau, Hauptstadt der Bahamas und Mekka der Kreuzfahrtschiffe. Zeitweise standen 4 riesige Cruiser an den Piers. Man kann sich vorstellen, wie überlaufen dann auch die Einkaufsstrassen waren.

  

Die Passagiere sehen ja in der Regel nur die „Duty Free“- und Souvenier-Shops, die eigens für diesen Zweck errichtet wurden. Trotzdem wollten wir da auch hin und uns ein eigenes Bild machen. Ein Markenladen und Souveniershop reihte sich an den nächsten aber es gab auch einen Bazar, wo Einheimische T-Shirts, Taschen, Kappen, riesige Fächerschnecken (Conch) oder Selbstgeschnitztes anboten. Nach ein paar Tagen Nassau und genauester Beobachtung der Tide und Strömung war es dann soweit und wir verliessen die Marina – und diesmal ohne irgendwo anzuecken.

Die nächsten Tage verbrachten wir bei wenig Wind und wenig segeln an tollen Ankerplätzen bei Rose Island und Green Cay, ein paar Meilen von Nassau entfernt.

 

Unser Ziel war die Insel Eleuthera, von wo wir dann unsere Reise nach Bermuda antreten wollten. Der Wind wechselte langsam und nahm zu. Wir waren auf der Suche nach einem geschützten Ankerplatz. Leider vergebens. Den Platz den wir ausgesucht hatten, war gegen Norden geschützt nicht aber gegen Osten. Und genau von da kamen der Wind und vor allem die Wellen. Eigentlich wollten wir trotzdem über Nacht dort bleiben. Aber um ca. 22.00 Uhr rumpelte es fürchterlich am Bug. Die ca. 20mm-Leine unserer Ankerwinch-Entlasstung war gerissen und unser Hacken somit weg! Tja so konnten und wollten wir nicht bleiben und uns blieb eigentlich nur ein Weg – Richtung Osten wo Eleuthera lag und von wo der Wind kam. Nun gut, da mussten wir durch. Anker hoch und los. Der Wind hatte inzwischen auf 25 – 30 Knoten aufgedreht und wir stampften Eleuthera entgegen. Ein direkter Kurs wäre ca. um die 50 Seemeilen gewesen, was unter normalen Umständen ca. 10 Stunden bedeutet hätte. Wir mussten aber aufkreuzen – und wendeten innerhalb von 15 Stunden 14 Mal – und hatten schlussendlich über 100 Seemeilen nach 25 Stunden hinter uns als wir um 23.00 Uhr an unserem Ankerplatz bei den Pineapple Cays ankamen. Was für ein Trip. Das Spezielle war, dass wir die ganze Überfahrt jeweils nie mehr als 8 Meter unter dem Kiel hatten. Die Gegend ist gespickt mit Korallenköpfen und Sandbänken und so ist eine präzise Navigation lebenswichtig.

Nach der ganzen Anstrengung erholten wir uns einige Tage an unserem Ankerplatz bevor wir dann nach Governors Harbour segelten. Von dort aus wollten wir uns auf den Weg nach Bermuda machen. Govenors Harbour ist ein Ort wo man sich gut mit Proviant versorgen kann und sich auch so verweilen lässt. Ein hübsches Dorf mit einem unbeschreiblich atemberaubendem weiss-pinkigem Pudersandstrand und ausgesprochen netten und hilfsbereiten Menschen, wie wir sie übrigens überall auf den Bahamas angetroffen haben.

Leider hatten wir in Govenors Harbor ein kleines Problem mit dem Generator. Der Wärmeaustauscher ist abgebrochen. Beim Touristen Office wurde uns ein Kontakt zu einem Mechaniker hergestellt. Der organisierte dann einen Aluminium-Schweisser. Bzw. er kannte jemanden, ca. 50 Meilen entfernt. Er lud uns ein mitzukommen, so sahen wir auch gleich noch etwas von der Insel. Vorbei an hübschen sauberen Örtchen mit Meerblick, über Felder wo in den 1950iger Jahren scheinbar tausende Kühe geweidet hatten und über eine Brücke, die die karibische See mit dem Atlantik verband. Einfach unglaublich schön! Nach einer Stunde Fahrt und 1 ½ Stunden Wartezeit bis der Schweisser fertig war, ging es wieder zurück zum Schiff um alles zu montieren.

 

So, nun waren wir bereit für die Bermudas. Nach eingehender Begutachtung des Wetterberichts entschieden wir uns, am 27. April 2016 uns auf den Weg nach Bermuda zu machen. Über 800 Seemeilen lagen vor uns, die wir in gut 7 Tagen zurücklegen wollten. Bei gemütlichen 9 – 12 Knoten Wind entfernten wir uns von Governors Harbour. Was wir da nicht wussten, die nächsten 6 Tage sollte es so bleiben bzw. teilweise noch weniger Wind. Dazu kam eine Abdrift von ca. 20 Grad dazu aufgrund der Strömung. Leider nicht zu unseren Gunsten. So segelten wir 6 Tage hart am Wind und kamen trotzdem fast zu nördlich bevor dann der Wind endlich auf Süd drehte und wir endlich direkten Kurs – immer noch am Wind – nach Bermuda nehmen konnten.

Ca. am 4 Tag kam dann wie aus dem nichts eine beringte Taube angeflogen. Woher die auch immer kam. Wir waren mindestens 300 Seemeilen vom nächsten Land entfernt. Die hatte sich wohl verflogen und musste erst mal wieder Kräfte sammeln. Die nächsten 2 – 3 Tage blieb sie bei uns bevor sie ein Tag vor unserer Ankunft in Bermuda davon flog. Tapfer hielt sie sich bei Wind und Wetter auf dem Deck und liess sich auch nicht einschüchtern, wenn wir die Segel refften. Im Gegenteil, wenn es etwas ruhiger war, kam sie auch schon mal nach hinten zum Cockpit und schaute was wir so machten. Witziges Kerlchen, dass uns dafür das halbe Deck zuschiss. Wir hoffen jedenfalls, dass sie den Heimweg gefunden hat und wohlbehalten wieder im Warmen und Trockenen sitzt.

 

Am 7. Und 8. Tag drehte der Wind dann mächtig auf. Bis zu 30 Knoten und die Wellenberge nahmen auch ständig zu. Der Wetterbericht, den wir über Satellitentelefon abgerufen hatten, verhiess leider keine Besserung. Im Gegenteil. Je näher an Bermuda, desto mehr Wind wurde angesagt. So wollten wir nur noch so schnell als möglich nach Bermuda und hofften, dass es in St. George ein gut geschützt war. Die letzten 24 Stunden hatten es dann auch in sich. Wellen von teilweise ca. 3 Meter von querab schüttelten uns mächtig durch. Dafür rasten wir mit teilweise über 8 Knoten unserem Ziel entgegen. Irgendwann mussten wir die Segelfläche verringern, weil wir einfach zu schnell waren. Sprich, wir waren schneller als es gut für unseren Rumpf war. Mitten in der Nacht musste das Gross-Segel geborgen werden, damit es einigermassen erträglich wurde. Trotzdem wurde es für uns beide eine mehr oder weniger Schlaflose Nacht. Die Schwere See tat das eine und der Gedanke bei diesem Wellengang in einen Hafen einzufahren, das andere. Schon ca. 200 Seemeilen vor Bermuda hörten wir jeweils Bermuda Radio (wie eine Art Tower am Flughafen, die den ganzen Schiffsverkehr koordinierten), wo sich jedes Schiff melden musste um deren geschätzte Ankunftszeit anzugeben. Am Abend bevor wir dann mittags eintrafen, hörten wir, dass unsere Freunde von der St. Helena in St. George einliefen. Na, das war ja ein Timing!

Ca. 2 Stunden vor Ankunft in St. George melde sich Yvonne bei Bermuda Radio um die ‚Tamango Love‘ mit Crew anzumelden. Und auch hier: unglaublich freundliche Menschen, die sich sogar für das Wetter entschuldigen und einem mitteilen, wohin man segeln soll bzw. dass man auf einem guten Kurs sei! Da fühlt man sich auf jeden Fall willkommen.

Da wir seit 03.00 Uhr nur noch mit Genua segelten, konnten wir ziemlich nahe zu den Einfahrtstonnen fahren, bevor wir den Motor starteten und die Genua einrollten. Die Einfahrt war dann zum Glück einfacher als erwartet. Und im Einfahrtskanal wurden die Wellen immer weniger. Im Hafen dann keine Wellen mehr, nur noch Wind. Und da kam schon die nächste Herausforderung. Wir mussten mit dem Schiff an den Pier des Zolls. Das bei 30 Knoten Wind und Hilfe beim Anlegen gab es leider auch nicht. So wollten wir nicht anlegen. Die Bitte zu Ankern und mit Dinghi an Land zu fahren, wurde abgelehnt. So mobilisierten wir die Crew der St. Helena uns zu helfen, was super geklappt hatte.

Nun sind wir offiziell in Bermuda angekommen, dürfen bis zu 3 Monaten bleiben – was natürlich nicht unser Ziel ist. Die Wettervorhersagen für die nächsten 3 Tage sehen gar nicht schön aus. Es soll noch mehr Wind geben. Dazu Gewitter mit Sturmböen von bis zu 48 Knoten! Sturmwarnung ist für diese Tage gemeldet. Nun gut, sehen wir es positiv – wir sind in einer sehr geschützten Bucht wo keine Meterhohen Wellen entstehen können und vielleicht haben wir Glück und die umliegenden Hügel und Häuser halten die gröbsten Böen ab. Wir haben uns in die Ecke verzogen, wo der Wind her kommt und Wettern hier ab. Sobald es dann besser wird, werden wir die Wettervorhersage anschauen und uns für die Weiterfahrt zu den Azoren vorbereiten. Bis dahin geniessen wir Bermuda!

Mehr Fotos unter: http://www.tamango.ch/fotos/karibik/bahamas